Wo sind sie hin, die Eigenschaften für die die Deutschen einmal bekannt waren?
Eigenschaften, wie Pünktlichkeit, Genauigkeit, Sauberkeit und Fleiss?
Nach zehn Tagen Bombay sitze ich im Zug von Frankfurt nach Stuttgart und lasse die letzten 12 Stunden meiner Rückreise Revue passieren.
Aufgrund überschüssiger Lufthansaflugmeilen hatte ich mir den Luxus gegönnt und mich auf dem Rückflug in die First-Class up-gegraded. Das erste mal seit Jahren, dass ich wieder als priviligiertester unter den Fluggästen reisen sollte.
Entspannt betrat ich um 23.00 Uhr Ortszeit den internationalen Flughafen Bombay in Erwartung eines 13 Stündigen Luxuspakets in Form eines First Class Lufthansa Fluges.
Check-in sollte direkt in der „Senator-Lounge“ stattfinden, was ich in anbetracht der meterlangen Schlange vor den Lufthansa Schaltern, als angenehmes Detail empfand.
Leider wurden meine Erwartungen aufs bitterste enttäuscht.
Die Senator Lounge, ein fensterloser, abgerissener Raum ohne Toiletten oder Waschräume, war restlos überfüllt und das Versorgungsteam bestehend aus zwei bemühten, aber überforderten Indern hatte wohl schon vor Stunden aufgegeben die Reste und Überbleibsel der Gäste zu entfernen -? Hier würde ich die nächsten 3 Stunden verbringen, das fing ja gut an.
Nach 30 Minuten hatte ich mir ein Sofa erkämpft und mich so ausgebreitet, dass niemand auf die Idee kommen könnte mir einen Teil davon streitig zu machen. Ich war müde und hatte Hunger, aber abgesehen von ein paar Würstchen und schimmeligen Bananen war das Angebot eher dürftig.
Nachdem ich das Gefühl hatte die Zeit würde stillstehen und die Luft in dem überfüllten Raum immer drückender wurde, war es um kurz nach 2.00 Uhr endlich Zeit das Flugzeug zu besteigen – Jetzt würde alles besser werden!
Im Flugzeug stellte ich fest, dass ich nicht den von mir extra reservierten Platz erhalten hatte, sondern den direkt neben den Toiletten. Mir wurde erklärt, dass sei nur zu meinem Besten geschehen, denn der mir eigentlich zustehende Sitz sei beschädigt. Komischerweise nahm kurz darauf ein Herr im Anzug auf diesem Sitz platz, der damit keine Probleme zu haben schien und auch nicht darauf hingewiesen wurde.
Ich könnte jetzt noch anführen, dass die Firstclass der Lufthansa so ausgestattet ist, wie die meisten Businessklassen anderer Fluggesellschaften und dass bis auf kleine Extras, wie winzige Cremes und bessere Zahnpasten, sowie Schlafanzüge für alle Reisenden, der Unterschied zur Businessklasse so gering ist, dass er, zumindest in diesem Fall, nicht die horrenden Preisdifferenz rechtfertigt.
Angekommen in Frankfurt am Main hatte ich 90 Minuten Zeit bis mein Zug nach Stuttgart abfahren sollte.
Ich machte mich auf den Weg in die Lounge, in der Hoffnung dort das zu finden, was mir bisher leider verwert geblieben war.
Aber auch hier das gleiche Bild. Die Lounge war überfüllt, nur mit Mühe ergatterte ich einen Sessel, Zeitschriften gab es gar nicht, das Essen war eher spartanisch und der Service unfreundlich bis nicht vorhanden.
Auf meine Frage hin, wo in welche Richtung ich zum Bahnhof laufen müsse wurde ich von oben bis unten gemustert – ich gebe zu nach einem 8 Stundenflug sehe auch ich nicht mehr ganz so frisch aus – um mir dann mit unfreundlicher Miene in schnippischem Ton sagen zu lassen ich müsse da schon etwas präziser in meinen Angaben sein, so wisse ja niemand was ich wolle. Zu perplex und müde, um eine schlagfertige Antwort parat zu haben hielt ich der schlecht blondierten Hexe meine Bordkarte unter die Nase.
Da müsse ich mich jetzt aber beeilen! Ich schoss los in der Angst, den Zug zu verpassen und noch mehr unnötig verplemperte Zeit auf diesem Flughafen verbringen zu müssen.
15 Minuten zu früh kam ich keuchend am Bahnhof an.
Die deutsche Bahn war ausnahmsweise pünktlich, was immer dann vorkommt, wenn man keinen dringenden Termin oder Anschlussflug hat. Auf dem Hinflug hatten mich 30 Minuten Verspätung fast meinen Flug und einige Nerven gekostet.
Endlich im Zug setzte ich mich in das mir zugewiesene Abteil, in dem ein bereits sitzender? Mitreisender nur widerstrebend seine Füsse von meinem Sitz nahm, nur um sie kaum hatte ich mich gesetzt, auf den Sitz neben mir zu legen. Der Geruch seiner durchweichten Ledersohlen stieg mir unangenehm in die Nase. Aber auch mein durchdringester Blick sschien ich nicht zu stören.
Als die Zugbegleiterin kam, teilte sie mir mit, dass leider das Zugrestaurant schon geschlossen hatte und sie mir deshalb, das eigentlich inbegriffenen Frühstück nicht servieren könne.
Ich lehnte mich in meinem Sitz zurück und Schloss die Augen -? wo ist es geblieben das Deutschland meiner Kindheit?
Leave A Reply